Drehzylinderapparate
Stand 30.3.2018
1. Strömung in Drehzylinderapparaten
Wer die Strömung in Drehzylinderapparaten das erste Mal beobachtet, ist fasziniert. In dem Spalt zwischen dem drehbaren inneren Zylinder und der äußeren zylindrischen Wand kann man ein gleichmäßiges Wirbelmuster sehen, das über einen relativ weiten Drehzahlbereich stabil ist. Dieses Wirbelmuster lässt sich verhältnismäßig leicht sichtbar machen und ist seit etwa 100 Jahren immer wieder Gegenstand zahlreicher Experimente und theoretischer Untersuchungen gewesen. Taylor hat als erster versucht, das Zustandekommen der nach ihm benannten Wirbel zu deuten (1). Weitere Autoren haben aufbauend auf den Arbeiten von Taylor, versucht, im Drehzylindersystem das Geheimnis der Turbulenz zu lüften.
In den letzten 20 Jahren hat die Verfahrenstechnik sich diesem interessanten Apparat immer wieder beschäftigt.

Bild 1 Wirbelmuster
Unter Verwendung der Spaltweite und der Drehzahl des inneren Zylinders lässt sich eine Reynoldszahl definieren, die meistens Taylorzahl genannt wird. Der Versuch, den Einfluss. des Durchmesserverhältnisses zu berücksichtigen, hat zur Definition von mindestens neun verschiedenen Taylorzahlen geführt. Eine Taylorzahl, die alle Erscheinungen der Wirbelströmung ausreichend gut erfasst, ist bisher noch nicht gefunden worden.
In Drehzylinderapparaten lassen sich wie bei der Rohrströmung die verschiedenen Strömungsarten – laminare Strömung, Wirbelströmung und Turbulenz - in Abhängigkeit von der Drehzahl erzeugen und bestimmten, charakteristischen Bereichen der Taylorzahlen zu ordnen. Die laminare Strömung lässt sich nur sehr schwer beobachten und hat bisher wenig Beachtung erlangt. Das größte Interesse haben die Taylowirbel gefunden, die sich im Übergangsgebiet zwischen der laminaren und der turbulenten Strömung ausbilden. Sie sind leicht zu beobachten und gut reproduzierbar zu erzeugen. Die Strömung innerhalb der Taylorwirbel ist laminar. Bei Steigerung der Drehzahl werden sie instabil. Diese Instabilität zeigt sich in einer Welligkeit der Wirbelgrenzen, die die Existenz einer zusätzlichen Wirbelbewegung innerhalb des Taylorwirbels anzeigt (Bild 2). Bei einer weiteren Steigerung der Drehzahl werden die Wirbelgrenzen immer unschärfer; der Übergang zur Turbulenz vollzieht sich für den Beobachter kontinuierlich und langsam.

2. Dispersionsverhalten

Miteinander nicht mischbare Flüssigkeiten lassen sich im Drehzylinderapparat sehr einfach dispergieren. Die erreichbare mittlere Tropfengröße ist von der Apparategeometrie und der Drehzahl abhängig. Die Tropfengrößenverteilung wird dabei von der Geschwindigkeitsverteilung im Zylinderspalt bestimmt.
Wenn man eine enge Tropfengrößenverteilung erhalten will, muss die Dispersion direkt auf der Oberfläche des rotierenden Zylinders erfolgen.
Bild 4 Flüssig-Flüssig-Dispersion ( Dieselöl in Wasser)
Bild 5 Dispersion von Luftblasen bei steigender Drehzahl

Auch Messungen des Stoffübergangs in Abhängigkeit von der Gasleerrohrgeschwindigkeit ergeben für Rührreaktoren typische Werte. Für Drehzylinderreaktoren ergibt sich noch ein zusätzlicher Einfluss durch die Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit.
Bild 7 Einfluß der Luftmenge und des Wasserdurchsatzes auf den kla-Wert
Bild 8 Volumetrischer Stoffübergangskoeffizient
kla = 0,05 * ( P/V )exp x * U gOexp y *Uwoexp z
Ug0 = Gasleerrohrgeschwindigkeit
Uw0 = Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit
x = 0,2- 0,25 laminare Wirbel
x= 0,55 Strömung mit Wirbelstruktur (enger Zylinderspalt)
x = 0,4 -0,5 turbulente Strömung ohne Wirbelstruktur (weiter Zylinderspalt)
y = 0,4 -0,6 in Abhängigkeit von der Koaleszenz
z = 0,5 abhängig von der Verweilzeitverteilung
Ug0 = Gasleerrohrgeschwindigkeit
Uw0 = Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit
x = 0,2- 0,25 laminare Wirbel
x= 0,55 Strömung mit Wirbelstruktur (enger Zylinderspalt)
x = 0,4 -0,5 turbulente Strömung ohne Wirbelstruktur
y = 0,4 -0,6 in Abhängigkeit von der Koaleszenz
z = 0,5 abhängig von der Verweilzeitverteilung
Der Reibungskoeffizient (Cp-Wert) hängt sehr stark von der Geometrie des Apparates ab. Mit steigender Drehzahl nimmt außerdem der Einfluss der Gasleerrohrgeschwindigkeit und der Oberflächenbeschaffenheit zu.
Der Reibungskoeffizient ist vom Durchmesserverhältnis, der Spaltweite und der Oberflächenbeschaffenheit abhängig. Bild 10 zeigt ältere Literaturwerte.

Bild 10 Reibungskoeffizient glatter Zylinder ( Literaturwerte)
Bild 11 Reibungsbeiwert verschiedener Oberflächen

Bild 12 Einfluß des Zylinderdurchmessers
Außenzylinder 80 mm
Bei diesen Versuchen wurde unterhalb des Innenzylinders eine perforierte Scheibe (70 mm) angebracht, die aber keine Verbesserung der Luftdispersion brachte.
- Gas-Flüssig-Reaktor
- Flüssig- Flüssigextraktion
- Destillation
- dynamische Mikrofiltration
- Flockulation
- Bioreaktor
- Synthesen in Mehrphasensystemen
- Gaswascher
Aus diesem Grunde wird der Drehzylinderapparat wahrscheinlich immer nur ein interessanter Laborreaktor mit Optionen auf die kleintonnagige Produktion bleiben.

Bild 14 horizontale Ausführung, glatte Oberfläche
Drehzylinder in horizontaler Ausführung eignen sich gut für die Dispersion von Gas in Flüssigkeit. Er ist für die Gasphase selbstansaugend.
Für Flüssig-Flüssig-Prozesse ist der Apparat sehr interessant, weil Mixer und Settler ohne Einbauten über einander liegen.
Zahlreiche Variationsmöglichkeiten hat man durch die Höhe des Flüssigkeitsstandes und die Anordnung der Welle des Zylinders.
Auch für suspendierte Feststoffe ist der horizontale Zylinder sehr günstig. Man erhält sehr leicht eine gleichmäßige Suspension (Bild 14).


Der Siebzylinder hat ähnliche Vorteile wie der glatte. Er ist selbstansaugend und ermöglicht durch die Wahl der Maschenweite und des Siebmaterials einen hohen Gaseintrag (Bild 10). Die Blasengröße ist von der Drehzahl abhängig. Koaleszenz findet nicht statt.


Bild 16 Blasenverteilung und angesuagte Luftmenge
Auch grobe Maschen können Luft dispergieren ( Bild 16).
Für Bioreaktoren ist Enkamat (Polistyrol) besonders geeignet, weil es sehr gut durch einen Biofilm besiedelt wird.


Bild 17 Innenzylinder Enkamat
Zylinder mit rauher Oberfläche
Der Innenzylinder eignet sich gut für das Aufbringen von Katalysatoren einschließlich von Enzymen oder Biofilmen. Da die Geschwindigkeit an der Zylinderoberfläche bekannt und variabel ist, kann man mit reproduzierbaren Ergebnissen rechnen.
Bild 19 Einfluß von Gaze auf dem Innenzylinder
Literatur
(1) Taylor G. I., Phil.Trans. R. Soc. 1923 A 223, 289-343
(2) Maycock, US - Patent 1945
(3) Krause, B.; Dissertation 1988